Richtig Gassi Gehen
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Richtig Gassi Gehen

Spazieren mit Hund ohne Stress bei Hundebegegnungen. Claudia D. Lang mit Mischlingshund Thor aus Brasilien. 2024

Anders als in Ländern mit Strassenhunden dürfen Hunde bei uns nicht frei herumlaufen. Damit Mensch und Hund den gemeinsamen Spaziergang geniessen können, gibt es einiges zu beachten. Ein gut strukturierter Spaziergang stärkt die Bindung zwischen Mensch und Hund. (Text: Claudia Lang)

Inhaltsverzeichnis

  • Warum Spaziergänge so wichtig sind
  • Häufige Fehler beim Gassi gehen
  • Regeln beim Hundespaziergang
  • Sicherheit für Mensch und Hund
  • Die unsichtbare Leine
  • Übung macht den Meister
  • Wie lange und wie oft raus?
  • Hunde sozialisieren
Nasenarbeit für Hunde - Goodies in Rinde suchen im Wald.

Nasenarbeit: Das Verstecken von Goodies während des Spaziergangs fördert die Konzentration bei der olfaktorischen Erkundung und stärkt die Mensch-Hund-Beziehung.

Warum Spaziergänge so wichtig sind

Spaziergänge sind oft der Grund, weshalb sich Menschen für Hunde entscheiden. Viele holen sich Hunde, weil sie ohne Hund nicht regelmässig in die Natur gehen würden. Mehrmals täglich bei Wind und Wetter spazieren zu gehen, ist nicht jedermanns Sache, aber für Hunde notwendig – selbst wenn es nur fürs Pipi machen ist.

Unsere Wohnungen sind oft reizarm, und Hunde sollen sich darin ruhig verhalten und alles unterdrücken, obwohl das nicht ihrer Natur entspricht. Daher ist der Spaziergang für viele Hunde das Highlight des Tages: Bewegung, Schnuppern, Action – und endlich Pipi machen. Für domizilierte Hunde ist der Spaziergang enorm wichtig!

Claudia Lang geht Gassi mit ihrem Hund Thor 2024. Wichtig ist eine durchhängende Leine und immer wieder Blickkontakt zwischen Halter und Hund.

Entspanntes Spazieren – Die Leine hängt tief durch in einer U-Form zwischen Hund und Halter*in.

Der Hund darf auch mal Schnuppern beim Gassi gehen.

Der Hund bekommt Zeit, in seinem eigenen Tempo zu schnuppern und beim Gassi gehen die Welt zu erkunden.

Häufige Fehler beim Gassi gehen

Der Spaziergang zeigt oft, ob sich ein Hund mit dem Menschen wohl und sicher fühlt. Ist der Hund draussen gut ansprechbar? Wie interessant ist der Spaziergang? Wer sorgt für Sicherheit?

Häufige Fehler beim Gassi gehen sind:

  • Die falsche Leine, Halsband oder Geschirr
  • Ständige Spannung auf der Leine
  • An der Leine ziehen oder gezogen werden
  • Falsche Nutzung von Haltis
  • Leckerlis im falschen Moment geben
  • Hunde streicheln, wenn sie ängstlich / aggressiv sind
  • Unangeleinte Hunde, wenn andere angeleint sind
  • Unsicherer Rückruf, aber trotzdem Freilauf
  • Ablenkung durch Handy oder andere Dinge
  • Jeder läuft für sich – keine Beachtung oder Miteinander
  • Immer dieselbe Runde gehen
Viele Gassigänger sind abgelenkt oder angespannt, wenn sie Hunde an der Leine führen. Zudem haben sie sich zu wenig mit der Körpersprache des Hundes beschäftigt. Sie lassen Hunde “spielen”, ohne sie wirklich zu verstehen. Ab der Leine ist ein  sicherer Rückruf entscheidend.

Die Interpretation, was Hunde denken und brauchen, entspricht nicht immer der Realität. Vor der Freiheit steht immer die Sicherheit. Auch muss man den Charakter und die Grundbedürfnisse seines Hundes verstehen und Grenzen erkennen. Dann entsteht Vertrauen. Die Gründerin von fairDogs und Entwicklerin des Persönlichkeitstests für Hunde, Claudia Lang, fasst es so zusammen: 

“Einfach mitlaufen reicht nicht. Viele Hunde erleben beim Gassigehen eher eine Einschränkung durch die Person am anderen Ende der Leine. Es ist kein Miteinander. Die Person bemerkt Spannendes oder Gefahren oft nicht oder erst viel später als der Hund, weshalb dieser sich nicht auf sie verlassen kann. Wichtige Signale vom Hund werden übersehen oder nicht verstanden. Mit den Gedanken woanders, wird telefoniert, mit Leuten geschwatzt oder über Dinge nachgedacht, die nichts mit dem gemeinsamen Spaziergang zu tun haben. 

Natürlich kann man durch Spiele, Dressur und Futter Kontakt zum Hund herstellen. Aber eine tiefe Verbindung entsteht durch das gemeinsame ‚Erleben im Jetzt‘: achtsames Mitfühlen und Miterleben. Verständnis für den Hund zeigt sich in der Förderung seiner Kompetenzen sowie in einem sicheren Schutz und der Unterstützung bei der Überwindung seiner Ängste.”

Regeln beim Hundespaziergang

Um sicher und respektvoll mit anderen Menschen und Hunden unterwegs zu sein, gibt es einige wichtige Regeln:

  • Angeleinte Hunde: Begegnet man einem angeleinten Hund, sollte der eigene Hund ebenfalls angeleint werden, damit alle entspannen – auch wenn der eigene Hund gut bei Fuss läuft.
  • Abstand halten: Bei unsicheren oder wackeligen Personen sollte man den Hund ebenfalls anleinen und  den Abstand beim Vorbeigehen so weit wie möglich vergrössern.
  • Gelbe Schleife: Diese signalisiert, dass der Hund mehr Abstand benötigt. Bitte respektiere diese Kennzeichnung. Leine deinen Hund an.
  • Kinder und Hunde: Kinder dürfen in vielen Regionen erst ab 14 Jahren alleine mit einem Hund spazieren gehen. Dies schützt sowohl das Kind als auch den Hund, vor allem bei unerwarteten aggressiven Hundebegegnungen.
  • Ältere Menschen und Hunde: Senior*innen sollten Hunde wählen, die zu ihrer körperlichen Kraft und Energie passen. Ein Welpe ist oft nicht die beste Wahl, wenn man Schwierigkeiten hat, selbst kurze Strecken zu gehen oder viel krank ist.
  • Brut- und Setzzeit: Von April bis Juli müssen Hunde im Waldgebiet aus Rücksicht auf junge Wildtiere angeleint werden.
  • Kot aufsammeln: Immer die Hinterlassenschaften deines Hundes aufsammeln – auch in Wäldern und auf Feldern – um Sauberkeit zu gewährleisten und Ärger zu vermeiden.
  • Nicht aus Pfützen oder stehenden Gewässern trinken lassen: Wasser in Pfützen und Teichen kann Krankheiten wie Leptospirose, Giardien und andere Parasiten übertragen.
  • Kommunikation mit anderen: Wenn dein Hund Probleme hat (z. B. unsicher ist oder andere Hunde nicht mag), kommuniziere das klar mit den Menschen, die euch entgegenkommen.

Zusammengefasst sollten Hundebesitzer stets auf die Sicherheit von Menschen, Tieren und ihren Hunden achten und Rücksichtnahme üben..

Sicherheit für Mensch und Hund

Ein oft übersehener Aspekt: Der oder die Gassigänger*in sollte in der Lage sein, den Hund sicher zu halten. Als Faustregel gilt, dass die Hunde an der Leine nicht schwerer sein sollten als der Mensch, der sie führt. Das bedeutet nicht, dass man dauerhaft an der Leine zieht, sondern dass man in der Lage ist, den Hund zu halten, wenn er mit Wucht in die Leine springt.

Eine straffe Leine führt zu Anspannung – nicht nur beim Hund, sondern auch beim Menschen. Der dauerhafte Druck auf die Leine signalisiert dem Hund, dass etwas nicht in Ordnung ist, was ihn stressen und zu Verhaltensproblemen führen kann. Zudem drängt die Spannung und der Schmerz den Hund dazu, sich von der Ursache des Drucks wegzubewegen – was oft zu noch stärkerem Ziehen führt.

Es ist wichtig, eine mentale Verbindung zum Hund aufzubauen, sodass die Leine nur selten gebraucht wird. Menschen sollten üben, die Leine so locker zu halten, dass Hand und Arm vollkommen entspannt sind. Rechtzeitig und ruhig mit dem Hund zu kommunizieren, wenn möglich bevor dieser aufgeregt ist. Eine lockere Leine reduziert den Druck, und Mensch und Hund können entspannter und aufmerksamer miteinander laufen.

fairDogs Gründerin Claudia Lang joggt mit ihrem Hund Thor ohne Leine oder mit ihrer unsichtbaren Leine © Majeoli Photography https://majeoliphotography.com

Die unsichtbare Leine:

Respekt und Vertrauen

Wie sieht ein perfekter Spaziergang aus? Hund und Mensch fühlen sich beim Gassi-Gehen wohl, sicher und verstanden. Geschirr, Halsband und Leine sind Hilfsmittel, die beiden Sicherheit geben ohne Schmerzen zu verursachen. Die Leine sollte locker wie ein U zwischen beiden durchhängen. Wenn die Leine straffer wird, bleibt man stehen, macht einen Laut oder ruckelt leicht, bis die Leine wieder tief durchhängt. Zwei- und Vierbeiner sind miteinander in Kontakt und entspannt – mit und ohne Leine.

Für viele Hunde ist es hilfreich, wenn ein Spaziergang strukturiert ist. Ein Teil des Weges passt sich der Hund dem Mensch an, ein anderer Teil wird aktiv mit dem Hund gespielt (Stöckchen, Goodies verstecken), und ein dritter Teil gehört ganz dem Hund: Er darf frei schnuppern, relaxen und rennen, wie er möchte.

Übung macht den Meister

Das Üben von Rückruf und Leinenführigkeit gehört zu den wichtigsten Aufgaben eines Hundehalters. Es lohnt sich, diese Zeit und Mühe zu investieren, denn sie bedeuten Entspannung und Freiheit für Hund und Halter. Verlässt du bereits besorgt das Haus mit dem Hund? Alles beginnt mit einer klaren Visualisierung, wie du deinen Spaziergang erleben möchtest (statt sich vorzustellen, was du nicht willst). Hunde können diese positive oder negative Haltung spüren und entsprechend reagieren.

Wenn der Hund noch nicht zuverlässig auf den Rückruf hört, ist die Schleppleine ein wichtiges Hilfsmittel – aber immer nur in Verbindung mit einem Geschirr, niemals mit einem Halsband! So wird sichergestellt, dass der Hund sich frei bewegen kann und man eingreifen kann, wenn der Hund nicht folgt oder abhaut. Aber Vorsicht: Je länger die Schleppleine, desto heftiger der Ruck, wenn der Hund losrennt – das kann nicht nur beim Hund, sondern auch beim Menschen zu Verletzungen führen.

Übe regelmässig kurze Trainingseinheiten; zuerst zuhause, dann im Garten oder eingezäunten Park, um die Aufmerksamkeit deines Hundes zu fördern. Beginne mit seinem Namen, am nächsten Tag seinen Namen und dann den Blick länger zu dir. An den folgenden Tagen dann langsam den Weg zu dir aufbauen. Sei kreativ und finde einen Weg, der euch beiden Spass und Freude macht.

Wie lange und wie oft raus?

Hunde brauchen frische Luft, Bewegung und Kontakt zur Natur, um physisch und emotional gesund zu bleiben. Die Grösse des Hundes spielt keine Rolle – jeder Hund benötigt ausreichend Bewegung. Viele kleine Hunde wirken „aggressiv“, weil sie oft nicht genug ausgelastet werden.

Mindestens eine Stunde Bewegung täglich ist wichtig, mehr tut allen gut. Hunde mit viel Energie benötigen bis zu sechs Stunden Bewegung kombiniert mit kognitiver Beschäftigung, damit sie zu Hause zu Ruhe kommen. Werden Hunde regelmässig gezwungen, lange einzuhalten, kann das zu gesundheitlichen Problemen führen (Blasenentzündung, Inkontinenz, …). Bedenkt auch uns Menschen fällt es schwer, sich nur zwei bis dreimal täglich zu entleeren – Hunden geht es dabei nicht anders.

Welpen und junge Hunde sollten nur kurze, dem Alter entsprechende Spaziergänge machen. Für Welpen gilt: Fünf Minuten pro Lebensmonat pro Spaziergang im ersten Lebensjahr. Dafür müssen sie bis zu sieben Mal täglich raus – immer nach dem Essen, Schlafen und Spielen. Die meisten Hunde sind ab fünf Monate sauber. Es kann bis zum 8. Lebensmonat dauern, bis sie physisch ihre Blase sicher kontrollieren können, selbst wenn sie es vorher verstehen und wollen. Habt Geduld! Ähnlich ist es auch bei Hunde-Senioren, wenn die Muskeln und Blase schwächer werden. Gärten helfen da sehr.

Wenn man den Bedürfnissen des Hundes nicht gerecht wird, ist Organisation gefragt. Unterstützung durch Bekannte, DogSharing oder Hundesitter ist wichtig, damit Hunde ausgelastet sind und sich entleeren können. Auch Hundebesitzer können sich gegenseitig aushelfen und ihre Hunde dabei sozialisieren. 

Claudia Lang macht einen Spaziergang mit ihrem Hund Thor ohne Leine © Majeoli Photography

Hunde sozialisieren

Eine Welpenspielgruppe oder zehn Minuten Rennen mit fremden Hunden reicht nicht aus, um eine nachhaltige Sozialisierung zu fördern. Besonders für Einzelhunde ist regelmässiger Kontakt zu Artgenossen wichtig. Sie müssen lernen, Signale von Hunden zu lesen und nicht einfach zu allen hinzurennen oder alle anzubellen. Neben Hundebegegnungen braucht es regelmässige Treffen, welche soziale Fähigkeiten entwickeln. Idealerweise sollten Hunde ein- bis zweimal pro Woche mit denselben Hunden Zeit verbringen, gemeinsam spazieren gehen und interagieren.

Hunde brauchen längerfristige Kontakte, um Freundschaften aufzubauen, die Fähigkeiten von einander kennen zu lernen, aber auch streiten und sich vertragen gehört dazu, um die Grenzen des anderen zu respektieren und ihre eigenen respektvoll einzufordern. Auch passives Miteinander, wie entspanntes Nebeneinanderlaufen oder schlafen, gehören zur Sozialisation und hilft Hunden, die Kommunikation ihrer Artgenossen besser zu verstehen und ein sicheres Miteinander zu erlernen.

Hast du Fragen oder Ergänzungen zum Thema? Hinterlasse sie gerne in den Kommentaren.

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